Chronik

Entwicklung des Feuerlöschwesens in Waidhofen/Ybbs

Das enge Zusammenwohnen in einer wallumgürteten, räumlich daher sehr beschränkten mitteralterlichen Stadt wie Waidhofen, mit ihren teilweise aus Holz errichteten, schindelgedeckten Häusern und Wehranlagen, verpflichtete die Inwohner in ihrem eigenen Interesse, dem größten Feind ihrer Habe und ihres Besitzes, dem Feuer, erhöhte Aufmerksamkeit und Abwehrbereitschaft zu widmen. Eine Durchsicht der Ratsprotokolle unserer Stadt aus vier Jahrhunderten gewährt immerhin einen beachtlichen Einblick in die Feuersnöte Waidhofens. Sie vermittelt aber auch ein Bild von den Sorgen und Maßnahmen des Stadtoberhauptes und seiner ihm zur Seite stehenden Räte, ja der ganzen „gmain“, von denen wir heute recht wenig mehr wissen. Wer diesen alten Blättern einige Aufmerksamkeit schenkt, findet bei jedem Feuerhinweis das demütige Anrufen Gottes um jeglichen Schutz und die daran geknüpfte innige Bitte um gnädige Verhütung des Übels aller Übel!

Die alte Feuerordnung

In einem mit Holzdeckeln zusammengebundenen Folianten fand sich neben vielerlei Abschriften auch jene der um die Zeit der Entdeckung Amerikas hier in Waidhofen gültigen Feuerordnung. Diese, um 1500 zusammengefasste Niederschrift, gewöhrt einen Einblick in die damals, also vor rund einem halben Jahrtausend, streng zu beachtenden Brand- und Feuerlöschbestimmungen Alt-Waidhofens. Es ist verständlich, dass einstmals in der kleinen Gemeinde jede neu auftauchende Person besprochen und über ihren Stadtaufenthalt, behördlicherseits, Auskunft verlangt wurde. Gemäß dem ersten Punkt dieser Vorschrift war jeder Gastwirt, damals auch „Leutgeb“ genannt, verpflichtet, jeden Neuankömmling und herbergssuchenden Fremdling sofort dem Stadtrichter zu melden und dessen Aufenthaltsgenehmigung abzuwarten. Es solle auch jeder Bürger aufpassen und sein Gesinde dazu verhalten, Obacht zu geben, ob nicht verdächtiges Gesindel um das Haus, insbesondere beim Holzstoß herumschleiche, sich zu schaffen mache oder gar in der Dunkelheit mit einem Zündstrick (Lunte) und dergleichen um das haus herumspioniere. Gehe wirklich ein Feuer auf, was Gött verhüten möge, solle jeder Bürger, Mann oder Weib, mit einem Schaff oder „Sechter“ zum Brandplatz eilen, daselbst mit höchstem Eifer Wasser zutragen und bei höchster Strafe nicht von dannen gehen, bis man das Feuer gelöscht. Solche Personen, die beim Feuer müßig herumstehen und nicht retten helfen oder sich nicht nützlich betätigen, obwohl Schaffeln, Eimer, Haken und andere Mittel zur Brandbekämpfung vorhanden sind, sollen an Leib und Gut schwer gestraft ewrden. Steinmetz, Maurer, Zimmerleute, deren Meister und Gesellen, sollen bei sofortiger Strafe die an bestimmten, sichtbaren Orten aufgehängten Feuerleitern und –haken gleich mitnehmen und damit rettend zur Brandstätte eilen. Hierfür sollen die ersten auch eine Belohnung empfangen. Die Wagen und Pferde haben, müssen sogleich Wasser zuführen und eine Wasserleiter und dgl. auf dem Wagen mitnehmen. Auch die Meister der beiden Badestuben sollen ihre Schaffeln ohne jedwede Weigerung herleihen. Was dabei zerbrochen wird, müsse die Stadt ersetzen. Jeder Hausbesitzer solle unter dem Dach, im Haus, Hof und anderen Herbergen ein Geschirr voll Wasser stehen haben, um bei Funkenflug gleich löschen zu können. Die Torhüter müssen sofort zu den Stadttoren mit „bewöhrter Handt“ eilen, fleißig Obacht geben und dort solange bleiben, bis das Feuer gelöscht ist.

Alte und neue Feuerspritze

Wann in Waidhofen die erste mechanische Feuerspritze in Verwendung genommen wurde, war bisher nicht nachzuweisen. Dagegen fand ich jenen Zeitpunkt, der von Amts wegen und in Waidhofen angefertigten sowie erstmalig in Verwendung genommenen neue Spritze. Die alte Pumpe hatte wahrscheinlich im entscheidenden Augenblick ihre wasserspeiende Bereitschaft aufgekündigt und versagt. Deshalb wurde im Consilium von 21. März 1770 dem bürgerlichen Kupferschmiedmeister Martin Braun, dessen Sohn Franz übrigens in den Jahren 1828 – 1829 Bürgermeister unserer Stadt war, der amtliche Auftrag zuteil, die alte Spitze allsogleich in einen brauchbaren Zustand zu versetzen. Bezüglich der Anschaffung einer neuen, großen Feuerspritze wolle man mit dem Glockengießer von Steyr wegen eines Überschlages verhandeln. Wahrscheinlich haben sich die Steyrer Besprechungen zerschlagen, denn am 2. Juli 1770 beschäftigte sich der Rat mit einem Vorschlag des vorgenannten Waidhofner Kupferschmiedes Braun, der sich erbot, die Spritze nach vorgezeigtem Modell binnen drei Monaten um 250 Gulden wie folgt herzustellen:

„ad primo der Kessel habe vier Schuh in der Länge und zwei Schuh in der Breite.
Ad sekundo alles von Kupfer samt der Inventilspritzen und auch die Quint.
Ad tertio solle diese Spritze über jedes Haus langen.“

Der Rat beschloss, falls diese Spritze gut verfertigt sei und die Probe ausgehalten habe, die 250 Gulden dem Meister Braun auszuzahlen. Wie aus der Ratssitzung vom 3. Oktober 1783 hervorgeht, wurde die bereits als groß bezeichnete Feuerspritze im „Stadtkastenstadel“ am Graben verwahrt, den ein gewisser Lobel in Pacht hatte.

Demselben wurde vom Stadtrichter Reisleitner das Mietverhältnis mit diesem Tage gekündigt. Während hier der Ort nicht näher bezeichnet wurde, können wir aus dem Ratschluss des Wirtschaftsprotokolls vom 24. Oktober 1799 genau entnehmen, wo diese Feuerspritze damals stand.

Es wurde nämlich hier die alte Frage angeschnitten, wie die Pflichttreue und Einsatzbereitschaft der freiwilligen Helfer und Löschmannschaften belohnt werden solle. Es wurde in Anlehnung an die bereits bekannte Verfügung vom Jahre 1500 gefragt, ob man jedem Knechte, der als erster die Feuerspritze vom Schulhause wegführt, nicht eine Belohnung geben solle. Mit diesem Schulhaus ist das Durchhaus am Hohen Markt Nr. 17, Graben gemeint, in dem die deutsche Schule untergebracht war. Die ehemalige lateinische Schule, bis zum 16. Jahrhundert, befand sich im heutigen Landeskindergarten I, Oberer Stadtplatz Nr. 9 und Nr. 10., Feuergeräte und Spritzen sowie Leitern waren bis zur Jahrhundertwende meines Wissens auch im Tonnengewölbe des Bezirksgerichtes neben der Apotheke untergebracht.

5. Mai 1934: 25-jähriges Jubiläum der Elektro-Motor-Spritze

Gründungsaufruf zur freiwilligen Wehr

Im Jahre 1868 fand es der damalige Bürgermeister Franz Hofer, Gastwirt „Zum goldenen Schiff“, Oberer Stadtplatz Nr. 6/33, endlich für zeitgemäß, sich mit einem vom Stadtrat einstimmig genehmigten Aufruf zur Beteiligung an einer zu gründenden Freiwilligen Feuerwehr an die Bewohnerschaft Waidhofens zu wenden. Der Bürgermeister wurde weiters mit Sitzungsbeschluss vom 31. August 1868 beauftragt, alle erforderlichen und untentbehrlichen Löschgeräte aus Stadtmitteln anzuschaffen und beizustellen.

Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Waidhofen an der Ybbs

Mit dem am 8. November 1868 gefassten Beschluss der Waidhofner Stadtväter, unter dem Vorsitz von Bürgermeister Franz Hofer schlug die Geburtsstunde der Freiwilligen Feuerwehr Waidhofen an der Ybbs. Die k.k. Stadthalterei in Wien genehmigte dann mit Erlass vom 5. September 1878 das „Grundgesetz der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Waidhofen an der Ybbs“, womit auch die rechtliche Basis geschaffen wurde. Die Dienstordnung unserer Wehr wurde dann vom Stadtrat unter Bürgermeister Moritz Paul am 8. November 1878 – genau 10 Jahre nach der Gründung – genehmigt. Der Zustrom dieser nun gesetzlichen Institution war groß, denn bald schon war eine Mitgliederzahl von 200 Mann erreicht. Die Ausrüstung war der Zeit und den Umständen gemäß durchaus ausreichend: Handdruckspritzen, Schiebeleitern, Wasserkarren, Feuerhaken und verschiedenes Handwerkzeug für den Löschdienst.

Der Erste Weltkrieg

Der Erste Weltkrieg hatte dann natürlich auch Auswirkungen auf den Mannschaftsstand der nunmehr 46 Jahre alten Freiwilligen Feuerwehr Waidhofens. Aus dieser Notsituation heraus entstand die erste Frauenfeuerwehr unserer Stadt. Nach Ende des Ersten Weltkrieges betrug bei der 51. Jahreshauptversammlung am 12. April 1919 der aktive Mannschaftsstand der Freiwilligen Feuerwehr Waidhofen wieder 159 Mann. 16. Feuerwehrkameraden waren im Krieg gefallen.

Die Damenfeuerwehr im 1. Weltkrieg

Der Zweite Weltkrieg

Im Jahre 1938 wurde unsere Stadtfeuerwehr wie alle anderen Wehren von der deutschen Feuerschutzpolizei übernommen. Der Zweite Weltkrieg bedeutete abermals eine drastische Verringerung des Mannschaftsstandes unserer Wehr, so dass die Frauen wieder einmal in die Bresche springen mussten. Nach dem Jahr 1945 gestaltete sich der Aufbau der Freiwilligen Feuerwehr Waidhofen sehr schwierig. Die Besatzungsmacht, der eine paramilitärische Organisation, wie sie die Feuerwehr darstellt, zunächst in höchstem Maße verdächtig erschien, ließ sich nur langsam und zögernd zur Aufgabe ihres Widerstandes gegen die Tätigkeit der Feuerwehr bewegen. Doch zuletzt schlug die anfängliche Ablehnung sogar ins Gegenteil um. Die Nachkriegsjahre – Jahre des Wiederaufbaues unseres Landes – waren auch für die Feuerwehr gekennzeichnet. Durch zunehmende Technisierung der Ausrüstung und damit verbunden mit intensiver Schulung der Männer auf neuem Gerät, das dank der Unterstützung durch die Stadtgemeinde und der Bevölkerung immer angeschafft werden konnte.

1979 wurde eine Jugendfeuerwehr gegründet.

Dass in diesem kurzen Bericht nur die markantesten Ereignisse eines über 125-jährigen Feuerwehrdienstes in unserer Stadt Aufnahme finden konnte, ist selbstverständlich, doch lassen diese sicher eine Ahnung aufkommen, wieviel freiwillige, nicht befohlene und auch nicht bezahlte Arbeit für die Erhaltung und den mühseligen Aufbau einer Feuerwehr aufgewendet werden muss, um stets einsatzfähig zu sein. Unsere Einwohnerschaft und unsere Stadtvertretung tun viel für das Feuerwehrwesen ihrer Stadt. Allen unseren zahlreichen Gönnen, aber auch dem Gemeinderat unserer Stadt mit Bürgermeister Vetter an der Spitze, sei von hier aus für das stete Verständnis und die Unterstützung unserer Wehr herzlich gedankt. Getreu dem Gelöbnis, das jeder Feuerwehrmann abzulegen hat, wird die Freiwillige Feuerwehr Waidhofen an der Ybbs ihrer Stadt auch weiterhin dienen.